Minimalismus war für mich früher ein Thema, das ich semi interessiert aus der Ferne betrachtet habe. Ich mochte den cleanen Wohnstil, der auf Bildern oft mit Minimalismus einherging. Aber ich war nie davon überzeugt, mit “nur 30 Dingen” in meinem Besitz zu leben. Als ich jemanden kennen lernte, der sein ganzes Hab und Gut auf einen Rucksack und dessen Inhalt reduziert hatte, schrak ich sogar noch weiter zurück. Mein ganzes Leben in einem Rucksack? Klingt verrückt – da nehme ich lieber Abstand von dem Thema.

Minimalismus leben – was bedeutet das?

Minimalismus: Wie ausmisten dein Leben ändern kannMinimalistisch leben bedeutet nicht, keinen Besitz mehr zu haben. Zumindest ist das nicht die übergeordnete Definition. Stattdessen gibt es viele individuelle Definitionen, da Minimalismus für jeden etwas anderes bedeutet. Der Duden sagt hierzu, es sei eine bewusste Beschränkung auf das Nötigste. Ich denke, das trifft es noch am Besten, wobei natürlich jeder “das Nötigste” anders definiert.

Meine eigene Definition hat keine festen Stückzahlen von Dingen, die ich besitzen “darf”. Ich bin auch noch lange nicht soweit, dass ich meine Wohnung als minimalistisch bezeichnen würde. Dafür habe ich noch zu viel Kram, der mich umgibt. 30 Jahre Leben im Konsum zu sortieren und auszumisten passiert schließlich nicht über Nacht.

Vielmehr ist es für mich eine Lebenseinstellung. Eine Art zu denken, eine neue Art zu konsumieren und die Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Anstatt ferngesteuert Dinge mit einer “will ich haben” Attitüde zu kaufen, sehe ich mir die Sachen in Ruhe an und überlege “brauche ich das wirklich”? Sehr oft brauchen wir nämlich nicht das, was wir gerade kaufen. Wir wollen es nur. Und das nicht mal aus ganzem Herzen, sondern einfach nur in diesem Moment. Weil wir es schick finden. Weil andere es auch haben. Oder weil unser Tag mies war und wir unseren Stress und Schmerz umleiten. Manche essen, andere kaufen ein, wieder andere betrinken sich. Nichts davon ist wirklich gesund, wenn es als Ventil genutzt wird.

Sollte ich eine Minimalismus Definition formulieren, würde sie ungefähr so lauten:

Minimalismus ist eine distanziertere und reflektiertere Sichtweise auf das Leben. Als Minimalistin betrachte ich die Dinge aus einem anderen Blickwinkel und mache mir bewusst, dass Konsum mich nicht glücklich macht. Ich schätze die Dinge, die ich besitze und die Personen, die ich in meinem Leben habe dafür umso mehr. Da ich mich nicht mehr auf den Konsum und dessen Folgen beschäftigen muss, habe ich mehr Zeit für Dinge, die ich wirklich gern tue.

Minimalistisch wohnen: Drei Vorurteile

Seit ich mich mit dem Thema beschäftige, bin ich schon über das ein oder andere Vorurteil gestolpert. Teilweise habe ich – ganz zu Beginn – auch selbst an diese Vorurteile geglaubt. Zum Beispiel, dass minimalistisch wohnen nur geht, wenn man praktisch sein ganzes Hab und Gut aussortiert. Inzwischen habe ich aber gemerkt, dass das überhaupt nicht stimmt und jeder Minimalismus auf seine Weise definiert. Deswegen stelle ich drei der häufigsten Vorurteile vor.

Du darfst nur 30 Dinge besitzen

Oft habe ich gehört, dass du als Minimalist deine Besitztümer auf ein bestimmtes Limit begrenzen musst. Manchmal war es nur auf die Garderobe bezogen, manchmal auf deinen gesamten Besitz. Kosmetika, Küchenuntensilien, Möbel – alles in allem durfte die Zahl 30 nicht überschreiten. Manchmal waren es auch 55 Teile.

Das ist natürlich Quatsch. Es gibt keine feste Anzahl an Besitztümern, die du nicht überschreiten darfst. Wie ich schon in der Einleitung sagte: Minimalismus ist mehr eine Lebenseinstellung. Wie du es umsetzt, ist Definitionssache und solange du nicht in Dingen ertrinkst und zu Hause nicht mehr treten kannst, darfst du dich auch Minimalist nennen. Im Gegenzug darfst du dich natürlich auch für die Definition “nur 30 / 55 Dinge” entscheiden. Das bedeutet aber nicht, dass diese Definition allgemeingültig ist.

Du musst vegan sein

Das lässt mich ein wenig zusammenzucken. Da ich mich selbst vegan ernähre und daran arbeite, auch möglichst vegan zu leben, wünsche ich mir natürlich, dass so viele Menschen wie möglich vegan werden. Aber nein – es ist keine Grundvoraussetzung, wenn du den Minimalismus leben möchtest.

Ich denke, das Gerücht stammt daher, dass viele Minimalisten eben auch Veganer sind. Wenn du dich für den Minimalismus öffnest, bedeutet das, dich und dein Leben zu reflektieren und über vieles nachzudenken. Du stellst in Frage, ob du x und y wirklich noch brauchst oder wirklich neu kaufen willst. Außerdem führt verminderter Besitz zu mehr Zeit, um dich mit anderen Dingen als “Sachen” zu beschäftigen. Das kann eben auch darin enden, seine Ernährungsgewohnheiten zu hinterfragen und sich mehr mit dem Thema zu beschäftigen.

Ich selbst bin übrigens nicht vegan geworden, weil ich Minimalistin wurde. Vielmehr hat mich der Veganismus zum Minimalismus gebracht. Auf eine Art sind diese beiden Lebenseinstellungen wohl miteinander verbunden – das eine ist nur eben keine Grundvoraussetzung für das andere.

Minimalisten haben keinen Spaß am Leben

Noch eine Sache, die sich Minimalismus und Veganismus teilen: Absurde Vorurteile. So, wie alle Veganer dürr, blass und kränklich, bzw. immer kurz vorm Sterben sind, sind Minimalisten Spaßbremsen. Sie sitzen in ihren “sterilen” Wohnungen, in denen sie nur einen Stuhl und einen Tisch besitzen und starren die weiße Wand an.

Dabei wird genau andersrum ein Schuh draus. Nicht mehr ständig zu shoppen, um Stress zu verarbeiten – der Teilweise auch durch zu viel Besitz ausgelöst werden kann – bedeutet: Mehr Zeit und mehr Geld. Und beides benutzen wir bestimmt nicht, um weiße Wände anzustarren. Dazu ist das Leben selbst doch viel zu aufregend.

Meine ersten Erfahrungen mit Minimalismus

Minimalismus: Wie ausmisten dein Leben ändern kannIch bin noch nicht sonderlich lange dabei. Seit ich das erste Mal gesagt habe “Ich bin Minimalistin”, sind vielleicht ein, anderthalb Monate vergangen. Beschäftigt habe ich mich mit dem Thema zwar schon vorher, aber so wirklich ernsthaft gehe ich es eigentlich seit Januar 2018 an. Trotzdem habe ich schon einiges an Veränderungen gespürt und hatte sowohl Fortschritte, als auch Rückfälle.

Angefangen hat es genau wie mit dem Veganismus: Ich hatte gerade Zeit und plötzlich war da dieser Knackpunkt. Ich bin Niemand, der bestimmte Dinge überstürzt und über diese beiden großen Veränderungen in meinem Leben habe ich vorher lange nachgedacht. Irgendwann kommt aber eben der Punkt, an dem du aufhörst, nachzudenken. Dieser Moment, in dem du dich hinsetzt und dich plötzlich intensiv damit zu beschäftigen beginnst. Ich habe mehrere Youtube-Videos zu dem Thema “gebingewatched”, Blogartikel gelesen und ein Pinterest-Board aufgesetzt. Und je mehr ich mich damit beschäftigt habe, desto mehr hat es mich plötzlich gepackt. An einem Wochenende habe ich meine Wohnung einer Erstentrümpelung unterzogen und Säckeweise Kram weggeworfen. Ich habe meinen Keller entrümpelt (ich musste vier bis fünfmal vollbepackt zum Müllplatz laufen, nur um leere Kartons zu entsorgen, die ich “irgendwann mal brauchen könnte”!) und sogar Bücher aussortiert.

Der Effekt war ein kleiner (positiver) Schock für mich. Soweit ich mich zurückerinnern kann, bin ich eine Chaos-Queen. Ich kämpfe schon mein Leben lang mit der Unordnung, ich hasse putzen, auch wenn ich es natürlich trotzdem tue und meine Wohnung war eigentlich immer nur dann picobello, wenn Besuch kam. Manchmal habe ich mir sogar nur deswegen Besuch eingeladen, um mich dazu zu zwingen, endlich aufzuräumen. Man arbeitet eben mit dem, was funktioniert.
Und nach dem Ausmisten? Plötzlich war meine Wohnung immer ordentlich und das Aufräumen und Putzen hat plötzlich Spaß gemacht.

Es war, als hätte sich in meinem Inneren vieles neu sortiert. Plötzlich bin ich meine Finanzen angegangen, habe die Planungen für meine Blogs und meine Autorencommunity AuthorWing wieder aufgenommen und dauerhaft Ordnung gehalten. Ich habe das Shoppen drastisch reduziert und hatte einfach kein Interesse mehr an überflüssigen Besitztümern. Ich habe mich frei und richtig gut gefühlt.

Der kleine Rückschlag nach dem Ausmisten

Das Leben wäre allerdings nicht das Leben, wenn sofort alles glatt liefe. Viel mehr ist es ein ständiges auf und ab und das ist auch völlig okay für mich. Der Stein, der mich ins straucheln gebracht hat, waren meine Bücher und Filme. Also Dinge, die einen großen Teil meines Lebens ausmachen: Geschichten (und ein paar aussortierte Möbel). Denn im Zuge des Entrümpelns habe ich auch viele Bücher und DVDs aussortiert. Wohin aber damit? Wegschmeißen? No way. Da ich sie nicht sofort loswerden konnte, habe ich sie in Kartons gepackt und in mein Wohnzimmer gestellt. Und da stehen sie immer noch und geben mir das Gefühl, dass ich erst weitermachen kann, wenn ich das Problem gelöst habe. Der Effekt? Plötzlich war ich wieder müder, fauler und solange ich mich um diese Aufgabe drücke, bleibt auch alles andere wieder liegen. Meine Blogs und To Dos gerieten wieder ins schlingern und die Unordnung kehrte zurück.

Ich weiß, dass ich mehrere Optionen habe. Die Bücherei. Ein Spendenverein, der alles abholt. ebay Kleinanzeigen. Aber wohin ich mich auch gewandt habe, überall gab es Probleme, die ich nicht sofort lösen konnte. Die Bücherei will nichts, was “älter als drei Jahre ist”. Der Verein holt nur ab “wenn mindestens 35 Bücher aussortiert wurden”. Termine kann ich nur unter der Woche (während meiner Arbeitszeit) machen und als ich mich endlich aufraffte, um einen Teil der aussortierten Bücher in den Bücherschrank im Rathaus zu bringen, hatte es zu. Weil es nur zu meinen Arbeitszeiten geöffnet hat. Hinzu kommt, dass ich in den Urlaub fahren möchte und eigentlich auch lieber etwas daran verdienen würde. Aber ebay? Habe ich wirklich Lust, Bücher und DVDs in der Masse von vier großen Kartons einzeln zu fotografieren, einzustellen und zu versenden? Eher nicht.

Die Sache mit dem Auf und Ab ist aber, dass nach dem Ab eben auch wieder das Auf kommt. Ich werde eine Lösung für mein Bücher-DVD-Möbel-Problem finden. Im Grunde bin ich sogar früh über diesen Stolperstein. Denn ich weiß, dass es immer welche gibt und dieser gehört nun wirklich in die Kategorie “Luxusproblem”.

Mein Fazit zum Minimalismus

Wie gesagt, mache ich das noch nicht lange. Trotzdem faszinieren mich die teilweise sehr großen Veränderungen, die schon ein erstes Ausmisten und der Wechsel in meinen Gedankengängen zum Thema shoppen verursacht haben. Ich fühle mich freier, glücklicher, halte lieber Ordnung und genieße meine Zeit zu Hause viel mehr. Ich tue mir wieder mehr Gutes, nehme die Dinge um mich herum bewusster wahr und bin einfach glücklicher. Ich kaufe mir weniger Sachen, an denen ich mich aber sofort erfreue und die ich benutze, anstatt tütenweise nach Hause zu schleppen und dann alles für “später mal” wegzuräumen.

Ich habe wieder mehr Zeit für meine Projekte, Träume und die Menschen um mich herum. Und das Wichtigste: Ich lerne wieder, diese Zeit zu genießen.

Minimalismus Tipps

Das Thema Minimalismus ist unglaublich spannend und umfangreich. Von Tipps über Erfahrungen bis hin zum gegenseitigen Austausch (du bist immer in meinen Kommentaren Willkommen!) gibt es viel zu erzählen. Das hier wird keiner reiner Minimalismus Blog, weil ich das Thema Mindset auch nach wie vor für wichtig halte, aber Minimalismus wird definitiv eine zweite Kategorie.

Ich freue mich, wenn du in den Kommentaren deine eigenen Gedanken zum Minimalismus hinterlässt, egal ob du dich selbst auch auf dieser Reise befindest, dich neu mit dem Thema beschäftigst oder dem Ganzen eher kritisch gegenüber stehst. Lass von dir hören!

Minimalismus Buch Tipp

Zu guter Letzt möchte ich dir noch einen Buch Tipp mit an die Hand geben. Das Buch “Magic Cleaning” von Marie Kondo* beschäftigt sich mit dem Themen Entrümpeln und Ordnung halten. Nach ihrer Methode mistest du dein Haus oder deine Wohnung in bestimmten Kategorien aus und sorgst dafür, dass neue Dinge und alle, die du behältst, einen festen Platz haben. Damit passt das Buch perfekt zum Minimalismus, auch wenn sie diesen Begriff nicht direkt anwendet.

Ich habe es vor Jahren gelesen und auch, wenn ich nicht mit allem übereinstimme (z.B. rede ich nicht mit meiner Wohnung), kann ich dir versichern: Es ist definitiv ein Arschtritt, der dich zum Ausmisten anstachelt. Wenn du also einen guten Anfang suchst, empfehle ich dir wärmstens, dieses Buch zu lesen.

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Minimalismus: Wie ausmisten dein Leben ändern kann