Vor etwas über einem Jahr habe ich das Projekt POY (Project One Year) ins Leben gerufen. Sinn und Zweck dieses Projektes war es, sich Ziele zu setzen, die man innerhalb eines Jahres erreichen möchte. Das Projekt ist noch nicht perfekt und ich bin noch immer am tüfteln, wie ich es effizienter anleiten und die Teilnehmer unterstützen kann, aber trotzdem konnte ich bereits einige Beobachtungen machen.
Eine davon ist die Häufigkeit des Wortes “Versagen” und wie schnell wir generell dabei sind, zu behaupten, wir hätten versagt oder – noch schlimmer – wir wären Versager.
Einer meiner Grundsätze lautet: “Achte auf deine Worte, denn Worte haben unglaublich viel Macht.”
In dem Moment, in dem du aussprichst (oder aufschreibst), dass du versagt hättest, fühlst du dich auch so. Und rate, wen du damit fütterst. Ganz genau die. Deine Bitch liebt es, wenn du glaubst, versagt zu haben und noch mehr liebt sie es, wenn du es dann einfach sein lässt. Denn dann bleibst du brav in deiner Komfortzone und machst es ihr unglaublich einfach, Macht über dich auszuüben.
Passend zum Thema bin ich gerade neulich erst auf ein tolles Zitat von Tony Robbins gestoßen:
“There are no failures in life there are only consequences – Tony Robbins”
Ist das nicht eine coole Art, an diese Sache heranzugehen? Wie würdest du dich fühlen, wenn du niemals versagen würdest?
Versteh mich richtig, das bedeutet nicht, dass du niemals Fehler machst oder niemals etwas schief geht. Ganz im Gegenteil, das Leben ist ein ständiges auf und ab und zwar immer. Die Frage ist nur: Mit welcher Einstellung, mit welcher Sichtweise gehst du an die Dinge heran?
Lass mich dir eine kurze Geschichte erzählen…
Die Veranstaltung, die nie stattfand
Neben meinem Job und diesem Blog hier, veröffentliche ich Romane und leite meine eigene Autorencommuity AuthorWing. Für genau diese Community hatte ich dieses Jahr zwei Veranstaltungen geplant.
- Ich wollte einen Stand für meine Mitglieder auf der diesjährigen BuchBerlin haben
- Ich wollte einen ersten Workshop abhalten
Für beide Projekte habe ich Teams zusammengestellt und erste Planungen unternommen. Bei diesen ersten Planungen ist es auch geblieben, denn ich hatte so viele andere Projekte, dass ich kaum Zeit dafür hatte. War ja auch kein Problem – ich hatte ja meine Teams.
Das blöde an frisch zusammengewürfelten Teams, die noch nie miteinander gearbeitet haben, ist nur: Wenn niemand den Hut aufbehält, passiert gar nichts. Ich kam also irgendwann um kurz vor knapp gedanklich wieder auf die beiden Projekte zurück und stellte fest, dass zum einen nichts passiert ist und es zum anderen inzwischen zu spät war, um das Ruder noch herumzureißen.
Also musste ich beide Projekte als “das hat nicht funktioniert” verbuchen. Das war nicht die Schuld der Teams, sondern es lag in meiner Verantwortung. Jeder von uns hat darauf gewartet, dass der andere etwas tut, es fand keine Kommunikation statt und da jeder von uns ohnehin in vielen Projekten steckt, fielen diese ins Wasser.
Versagt oder gelernt?
Es gibt nun zwei mögliche Perspektiven, sich mit diesem Ergebnis zu beschäftigen.
Perspektive 1 – Ich habe versagt
Das habe ich wohl gehörig in den Sand gesetzt. Kein Wunder, ich habe nie Zeit für etwas. Meine Arbeit kostet mich viel Zeit und Kraft, auch wenn ich sie liebe, aber deshalb schaffe ich nebenbei wirklich gar nichts mehr. Außerdem: Wer bin ich bitte, dass ich glaube, “mal eben” ein Event planen und umsetzen zu können? Ich habe damit doch gar keine Erfahrungen! Und dann soll ich auch noch ein Team leiten? Sehr witzig. Die merken doch, dass ich keine Ahnung davon habe und fragen sich dann – zurecht! – wieso ich so arrogant bin zu glauben, dass ich da einen auf Chefin machen kann.
Davon sollte ich lieber die Finger lassen, ich bin dafür nicht gut genug – wie ich gerade gesehen habe.
Perspektive 2 – Ich habe gelernt
Ui, das hat offensichtlich nicht funktioniert. Ich habe gelernt, dass ich mir für so ein großes Projekt Raum schaffen muss. Das bedeutet, dass ich mir die Zeit nehmen muss, mir vorher Gedanken zu machen, es genauer durchzuplanen und mein Team ganz genau anzuleiten und auf Einhaltung der Deadlines zu bestehen. Notfalls muss ich da auch mehrmals nachfassen und die Leute freundlich, aber bestimmt antreiben. Ich selbst muss dabei am meisten arbeiten, weil ich zum einen lernen will, wie die einzelnen Vorgänge funktionieren, damit ich sie später bei weiteren Veranstaltungen abgeben kann und zum anderen, um mein Team zu motivieren, ebenfalls mit anzupacken. Der Mensch orientiert sich immer nach oben und wenn ich herumschludere und nichts tue, kann ich nicht erwarten, dass mein Team Vollgas gibt. Mit diesem neuen Wissen probiere ich es nächstes Jahr oder – wenn da andere Projekte immer noch Vorrang haben, übernächstes Jahr – eben noch mal.
Streiche das Wort Versagen aus deinem Wortschatz
Die zweite Perspektive klingt sehr viel angenehmer, nicht wahr? Trotzdem geben wir uns all zu oft der ersten Perspektive hin.
Mich erreichen auch oft Nachrichten mit Aussagen wie:
- Das ist so toll was du machst, aber ich könnte das nicht
- Hach ja, davon träume ich auch schon so lange, aber …
- Ich wünschte, ich könnte das auch
Viele von uns versuchen es erst gar nicht. Weil die Angst vor dem Versagen schon vorher da ist. Das bedeutet, dass wir nicht nur aufgeben, nachdem es ein- oder zweimal schief ging, sondern dass wir uns gar nicht erst auf den Weg machen. Weil es ja schief gehen könnte.
Dabei gibt es so etwas wie “versagen” im Grunde gar nicht. Du kannst Fehler machen, etwas kann nicht so laufen wie geplant oder du stellst fest, dass du gar nicht die Zeit hast, dich intensiv genug mit etwas zu beschäftigen und verschiebst es deswegen auf später.
Du kannst gewinnen, oder du kannst aus dem, was schief ging, lernen. Aber du kannst nicht versagen.
Versagen ist ein Wort, das die Bitch uns eingeflüstert hat. Es klingt negativ, es weckt negative Gefühle und es ist ein super Tool, um dich in deiner Komfortzone zu behalten. Erinnerst du dich? Das ist die Zone, in der alles leicht erscheint, in der du aber nicht glücklich bist. Nicht auf Dauer.
Taten und Ergebnisse
Ich fordere dich hiermit auf: Streiche das Wort Versagen aus deinem Wortschatz. Immer wenn du merkst, dass du es benutzt, egal ob ausgesprochen, aufgeschrieben oder nur gedacht, korrigiere dich sofort. Wähle ein anderes Wort oder eine andere Umschreibung.
Du hast nicht in deinem POY versagt – es kamen Umstände auf, auf die du zuerst reagieren wolltest und deshalb haben sich deine ursprünglichen Ziele nach hinten verschoben. Oder vielleicht hast du dich in diesem einen Jahr auch verändert und inzwischen ganz andere Ziele. Das ist kein versagen, du hast einfach neue Prioritäten, also auch neue, angepasste Ziele.
Du hast nicht beim Abnehmen versagt – du hast herausgefunden, was für dich nicht funktioniert. Jetzt suche dir eine neue Methode und versuche es nochmal. Und zwar so lange, bis es funktioniert.
Du hast nicht bei dieser Prüfung versagt – du bist von den Punkten her durchgefallen und weißt jetzt, dass dir bei diesem Thema noch Wissen fehlt. Nimm Nachhilfeunterricht, frage Freunde, die sich gut damit auskennen, ob sie es dir nochmal erklären und dann setz dich auf deinen Hintern und lerne. Bereite dich auf die nächste Prüfung besser vor.
Das sind nur ein paar Beispiele – im Grunde kannst du jede Situation, in der du das Gefühl hast, versagt zu haben, drehen und sie mit anderen Augen betrachten. Im Zweifel hast du einfach immer herausgefunden, was nicht funktioniert und mit diesem Wissen kannst du es jetzt nochmal versuchen und andere Wege austesten.
Denn das ist schon das ganze Geheimnis: Das was du denkst, sagst und tust, die Entscheidungen die du triffst, führen immer zu Ergebnissen. Ob du diese als gut oder schlecht empfindest, sei mal dahingestellt. Willst du andere Ergebnisse, dann musst du anders denken und sprechen, andere Dinge tun und vor allem andere Entscheidungen treffen. Über das Thema Entscheidungen wird es nächste Woche übrigens noch einen ausführlicheren Beitrag geben.
Bis dahin: Achte auf deine Gedanken und deine Worte und wann immer du das Gefühl hast, versagt zu haben, halte einen Moment inne und suche einen Weg, die Dinge aus einer anderen Sichtweise zu betrachten.
Toller Beitrag, Alice! Ich denke auch zu oft, dass ich versagt hätte und sollte das zukünftig positiver formulieren.
Danke für deinen Kommentar! 🙂
Ach, ich weiß nicht. Das ist momentan so hip mit diesem Positivdenken, aber ich habe das Gefühl, es macht die Welt nicht besser und die Leute nicht glücklicher. Warum kann man nicht mal was Negatives denken? Warum kann man nicht mal durch ne Prüfung rasseln und dann noch zweimal und sich endlich eingestehen, dass man für dieses oder jenes Fach/Thema kein Talent hat und wirklich einfach versagt hat? Natürlich darf man danach nicht in Depressionen verfallen und sich als Komplettversager sehen, aber warum darf man nicht einfach mal volle Kanne versagen?! Ich will auch mal versagen dürfen, ist das so schlimm?
Hallo Greta, danke für deinen Kommentar! 🙂
Es gibt viele Perspektiven auf das Leben und natürlich darfst du dir deine eigene aussuchen. Es steht ja nirgendwo ein Gesetz geschrieben, dass man sich nicht schlecht fühlen DARF. Fakt ist aber: Du MUSST es nicht, weil es im Grunde unnötig ist (bei diesem Thema). Hier auf meiner Webseite stelle ich meine Perspektive dar und biete sie allen an, die von schlechten Gefühlen und negativen Gedanken wegkommen möchten. Natürlich habe auch ich Tage, an denen ich schlechte Laune habe oder etwas negatives denke. Das Leben ist ja nicht nur schwarz oder weiß – aber was spricht denn dagegen, sich weiterentwickeln zu wollen, fröhlich sein zu wollen? Was spricht dagegen, ein Leben anzustreben, in welchem man sich immer – oder so oft wie möglich – gut fühlt? Ich persönlich empfinde es als sehr angenehm, so oft wie möglich glücklich zu sein. Wenn du es brauchst oder möchtest, dich hin und wieder als Versagerin zu sehen oder dich schlecht zu fühlen, dann spricht nichts dagegen – dann ist das deine Perspektive auf das Leben.
Sich NICHT als Versager zu sehen, bedeutet übrigens nicht, ein Studium (um dein Beispiel aufzugreifen) immer und immer wieder anzugehen, wenn es einem tatsächlich einfach nicht liegt. Aber wieso dann denken “ich hab versagt”? Wieso nicht denken “offensichtlich liegt mir diese Richtung nicht, ich mache etwas anderes”? Wieso muss ich dann zwangsläufig etwas schlechtes fühlen, wenn ich stattdessen auch etwas lernen kann?
Liebe Grüße, Alice
Ein wirklich schöner Beitrag, zu diesem Thema.
Ich kenne das Gefühl, auch zu gut. Manchmal schaffe ich es. Positiv an alles zu gehen, manchmal nicht. Hauptsache man hört nicht auf es zu versuchen. Ich habe letztes Jahr, mein Nano in den Sand gesetzt. Dieses Jahr weiß ich dass drauf los schreiben nicht mein Weg ist.
Ein schöner Text, wenn es mal wieder hängt! Danke =)
Hallo Martina, das ist super! Jetzt weißt du, dass du eher der Plotter bist (Willkommen im Club) und kannst deine Bücher besser und zielgerichteter angehen. Ein schönes Ergebnis. 🙂 Nimmst du dieses Jahr (entsprechend vorbereitet) wieder am NaNo teil?
Liebe Grüße,
Alice
Perfekter Beitrag für mich heute, Alice.
Danke- sollte man jeden morgen lesen und sich dann “richtig ausrichten”!
Hallo Isabel, vielen Dank! 🙂
Ich wünsche dir einen erfolgreichen Tag. 🙂
Liebe Grüße, Alice