Perfektionismus an sich klingt erstmal gar nicht so schlecht. Immerhin werden die Dinge, die man dann anpackt, perfekt, oder nicht? 

Jah … eher nein.

Stattdessen wollen wir nur, dass sie perfekt werden und hetzen diesem utopischen Status der Perfektion hinterher, ohne ihn jemals zu erreichen.

Perfektionismus hat mich jahrelang davon abgehalten, wieder mit dem Podcasten anzufangen. Weil ich alles gleich „richtig” machen wollte. Einfach nur eine Folge aufnehmen, sie nachbearbeiten und hochladen war da nicht möglich.

Es musste auch der perfekte Socialmedia-Post dazu her, der perfekte Blogartikel und der perfekte Newsletter. Ich brauchte die perfekten Gäste im Interview und jedes Thema musste im korrekten Podcast untergebracht werden (ich hatte früher zwei Podcasts).

Nicht zu vergessen den Youtube-Kanal, den ich dazu noch starten wollte, denn auch dort kann man eine Podcast-Episode ja hochladen. 

All das sollte von Anfang an „professionell” gemacht werden. Schließlich gehe ich keine halben Sachen an.

Dummerweise war die Gesamtsumme all dessen, was ich umsetzen wollte, viel zu viel, um es neben meiner Arbeit und meinen sämtlichen anderen Projekten „mal eben” stemmen zu können.

Also habe ich gar nicht erst angefangen. Denn wozu loslegen, wenn es nicht exakt so umfangreich und fehlerlos ist, wie ich es mir vorgestellt habe?

 

Perfektionismus erkennen

Das, was den Perfektionismus so tricky macht, ist dass man ihn oft gar nicht so schnell erkennt. Mir war nicht bewusst, dass ich mir mit meinem eigenen Perfektionismus im Weg stehe.

Ich dachte einfach, ich sei faul. Weil ich außer meiner Arbeit und dem Schreiben und dem Veröffentlichen von Romanen nicht viel gebacken bekam. Und auch das habe ich mir nicht angerechnet, sondern eher noch bemängelt, dass ich mehr Romane hätte schreiben und veröffentlichen können.

Ich brauchte Zeit, Abstand, einige Gespräche mit Freunden und Bekannten und eine ganze Menge Journaling, bis ich mir endlich die richtige Frage stellte: „Was zur Hölle treibst du da eigentlich?”

 

Perfektionismus in den Griff kriegen

Auch nachdem ich endlich die richtigen Fragen stellte, blieb eine davon immer noch unbeantwortet: Wie bekomme ich den Perfektionismus jetzt in den Griff?

Das kann für jeden anders aussehen, ich selbst habe es geschafft, indem ich folgende drei Schritte angewandt habe:

 

Schritt 1: Beweise finden

Finde Beweise dafür, dass es keine Perfektion braucht, um erfolgreich zu sein.

Bei mir waren es meine ersten Romane (eine Werwolf-Trilogie, die ich unter Ally J. Stone veröffentlicht habe).

Die waren damals bei weitem nicht perfekt, aber ich habe sie veröffentlicht und damit den ersten Schritt in mein Leben als Autorin getan.

Und ja, inzwischen habe ich sie wieder vom Markt genommen, um sie zu überarbeiten, ihnen neue Cover zu verpassen und sie dann wieder in den Verkauf zu geben.

Hätte ich sie damals aber wieder und wieder überarbeitet und mich nie getraut, sie online zu stellen, wäre ich heute nicht seit sieben Jahren Autorin mit 14 Veröffentlichungen.

Überarbeitet habe ich sie natürlich trotzdem und sie bekamen auch ein Lektorat und ein Korrektorat, denn auch ohne Perfektionismus war mir professionelles Arbeiten von Anfang an wichtig. Sie waren nur eben nicht perfekt.

Und das wird auch die neue Version nicht sein. Weil nichts, was wir erschaffen, jemals perfekt ist.

 

Schritt 2: Die 80 / 20 Regel

Vielleicht hast du von der 80 / 20 Regel ja schon einmal gehört. Ich kann dir einfach nur empfehlen, diese Regel in dein Denken einzubauen.

Falls du nicht weißt, worum es geht, hier die Kurzfassung: 

 

„Die 80 / 20 Regel bedeutet, dass du 80% deiner Ergebnisse mit 20% der Aufgaben erreichst, die du tust.”

 

Andersherum kann es natürlich auch bedeuten, dass 80% von dem, was du in einer bestimmten Sache machst, dir nur 20% Ertrag einbringen. In dem Fall würde es sich lohnen, wenn du diese 80%-Tätigkeiten einfach bleiben lässt und stattdessen lieber mehr Zeit in die 20% deiner Aufgaben investierst, die dir 80% deiner Ergebnisse liefern.

 

Ein Beispiel: Blogartikel schreiben und Instagram-Posts bauen

Wenn du einen Blogartikel schreibst, dann bringt dir das Schreiben und Posten des Artikels (20%) die meisten Ergebnisse, also die 80% (die Leser finden deinen Artikel, weil er online ist und lesen ihn).

Wenn du jetzt aber noch schicke Instagram-Postings für den Artikel baust und wirklich Stunden damit verbringst, in dem Bild die Schriftart auf den Millimeter perfekt zu positionieren, viermal die Farben änderst und dich sechsmal für einen anderen Hintergrund entscheidest, um dann doch wieder zum ersten zurückzukehren, dann investierst du hier 80% deiner Zeit für 20% Ergebnis.

Denn seien wir mal ehrlich, wie schick das Instagram Bild ist, ist völlig egal. Das Thema deines Artikels muss spannend und der Titel einladend sein. 

Du kannst dir die stundenlange Bildgestaltung einfach sparen. Mach einmal eine Vorlage, die du immer wieder minimal anpasst (neuer Titel rein, fertig) und dann raus damit. 

Was allerdings weiter Sinn macht, ist das Schreiben neuer Artikel (20% Arbeit, 80% Gewinn).

Wenn du genau hinschaust, wirst du feststellen, dass du diese Regel auf nahezu alles in deinem Leben anwenden kannst.

Bei mir war es der Podcast. Mir wurde klar, dass ich nicht zwei Podcasts mit ähnlichen Themen brauche. Dass meine Podcasts nicht perfekt durchgestylt sein müssen. Ich habe früher Stunden damit zugebracht, jeden Atmer auszuschneiden, um die Aufnahme so sauber wie möglich zu bekommen (hallo Perfektionismus!).

Hat es die Folgen besser gemacht? Nein! Weil der Inhalt zählt. Also habe ich den ganzen Wumms über Bord geworden und eeeendlich wieder eine neue Folge aufgenommen!

 

Schritt 3: Einfach machen

Dieser Schritt klingt am Einfachsten, ist aber am Schwersten umzusetzen.

Denn Perfektionismus ist wie eine Klammer, die sich um die Gedanken legt und so gut wie alles steuert.

Auch als ich diese erste Podcastfolge aufnehmen wollte, habe ich die Aufnahme wirklich bis zum Veröffentlichungstag vor mir hergeschoben. Und auch dann habe ich den halben Tag vertrödelt und mich erst am späten Nachmittag dran gesetzt.

Weil mir das Anfangen unglaublich schwer fiel. Für etwas, das ich wirklich gern mache und auf das ich mich schon richtig gefreut habe.

Immerhin war nicht alles perfekt. Weder das Skript, noch hatte ich Texte für Socialmedia vorbereitet oder sonstwas. 

Am  Ende habe ich mir ein Herz gefasst, „Scheiß drauf” gesagt und die Aufnahme einfach gestartet. Herausgekommen ist eine Folge, die nicht perfekt ist, die ich aber unglaublich mag.

Weil sie die erste Folge der neuen Staffel ist. Weil es die Folge ist, die mich wieder zum Podcasten zurückbringt. Weil ich es einfach gemacht habe.

Wie wirkt sich der Perfektionismus auf dein Leben aus und wie gehst du damit um?